Noch keine Covid-19-Infektion: AWO-Sozialzentrum Hadamar leistet vorbildliche Arbeit in der Corona-Pandemie

SPD Hadamar mit viel Lob für Heimleiterin Bausch-Berg und ihr Team

Bild: Karl Kreis

Selbst nach der zügigen Impfmaßnahme im Seniorenheim der Arbeiterwohlfahrt bleibt die Ungewissheit weiterhin groß. In der heimischen Region steigt die Zahl der Inzidenz erneut leicht an, bisher sind bundesweit mehr als 60.000 Menschen der Pandemie zum Opfer gefallen. In Hessen handelte es sich in zwei Drittel aller Todesfälle um Bewohnerinnen und Bewohner von Altenheimen. Vor diesem Hintergrund nahm die SPD Hadamar Kontakt mit Heimleiterin Iris Bausch-Berg auf, um sich ein genaueres Bild von der aktuellen Situation zu machen.

Im AWO-Sozialzentrum in der Hadamarer Hammelburg leben mehr Menschen als im kleinsten Hadamarer Stadtteil Faulbach, auch wenn dies von Politik und Öffentlichkeit in der Fürstenstadt nicht immer so wahrgenommen wird. Hinzu kommt, dass das AWO-Sozialzentrum einer der größten Arbeitgeber in Hadamar ist und besonders viele Arbeitsplätze für Frauen vorhält.

Noch im August vergangenen Jahres hatte der SPD-Ortsverein für die Heimbewohner ein Akkordeon-Konzert organisiert, das auf großen Zuspruch stieß und eine willkommene Abwechslung in der schon damals schwierigen Zeit bot. Dem Wunsch der Seniorinnen und Senioren nach einer Wiederholung in der Adventszeit konnte die SPD Hadamar wegen der sich verschärfenden Kontakteinschränkungen leider nicht nachkommen. Dennoch: Sobald sich wieder Möglichkeiten ergeben, Bewohnerinnen und Bewohnern eine kleine Freude zu bereiten, wird sich der SPD-Ortsverein eine Überraschung einfallen lassen und wieder den direkten Kontakt pflegen.

Zumindest aber auf digitalem Weg funktioniert die Kontaktpflege. SPD-Vorstandsmitglied und Pressesprecher Karl Kreis unterbreitete Awo-Teamleiterin Bausch-Berg einen Fragenkatalog, den diese trotz starker Arbeitsbelastung bereitwillig und detailliert schriftlich beantwortete.

Die gute Nachricht vorweg: Gut 90 % der Bewohnerinnen und Bewohner haben bereits im Januar ihre Zweitimpfung erhalten und sind damit nach heutigem Stand weitgehend geschützt. Auch sei das Sozialzentrum bisher von Covid-19-Infektionen mit unkontrollierbaren Folgen verschont geblieben. Dafür gebührt Iris Bausch-Berg und ihren rund 140 Mitarbeiter*innen große Anerkennung. Dennoch gibt es laut Bausch-Berg keinen Grund, sich zurückzulehnen: Das Virus und dessen Mutationen bleiben unberechenbar, neue Mitwohner*innen müssen impftechnisch versorgt werden, die bisherigen Hygienemaßnahmen und besuchstechnischen Einschränkungen sind weiter aufrechtzu-erhalten.

Impfmaßnahmen im vollen Gange Bild: Karl Kreis

Welche besonderen Schutz- und Schulungsmaßnahmen mussten zunächst ergriffen werden?

Die zentrale Frage, wie Bewohner*innen und Mitarbeiter*innen in der stationären Langzeitpflege geschützt werden können, hat die AWO seit Wochen und Monaten beschäftigt und unterschiedliche Maßnahmen erfordert. So wurden zahlreiche Konzepte entwickelt und den jeweiligen Verfügungen der Landesregierung immer wieder aufs Neue angepasst. Die Mitarbeiter*innen mussten und müssen demgemäß kontinuierlich geschult, unterwiesen und angewiesen werden, was natürlich mit großem personellen und zeitlichen Aufwand verbunden ist. Erschwerend in den ersten Monaten kam hinzu, dass Schutzausrüstung (z.B. Masken) nur in sehr kleinen Mengen und überteuert beschafft werden konnte.

Mit welchen konkreten praktischen Herausforderungen waren bzw. sind Sie konfrontiert?

Während zu Beginn der Pandemie erst einmal die Sicherheit des Lebens und die Eingrenzung der Corona-Pandemie absoluten Vorrang vor den Besuchsrechten genoss, mussten nach Aufhebung der Kontaktbeschränkung die Besucher vor Eintritt in das Sozialzentrum registriert, begleitet und unterwiesen werden. Selbstverständlich kostete auch dies Zeit und beanspruchte Personalkapazität, es war aber auch teilweise mit Ärger verbunden, da manche Besucher*innen von diesen Maßnahmen erst einmal überzeugt werden mussten. Die Besuche fanden entweder im Freien oder hinter Plexiglasscheiben statt und mussten vom Personal begleitet werden, natürlich zusätzlich zu dessen sonstigen Alltagsaufgaben. Nach erlaubter Öffnung der Einrichtung für Angehörige konnten Besuche wieder in den Heimbewohnerzimmern stattfinden, wobei die Abstands- und Hygieneregeln einzuhalten waren. Ein weiteres Problem: Nur eine bestimmte Anzahl an Besuchern durfte sich in der Einrichtung aufhalten. Auch dies erforderte gute Planung und Kontrolle. Sorge bereitet mir aktuell die Praxis, dass Familienangehörige ihre stationär im Sozialzentrum untergebrachten Pflegebedürftigen auf einen Besuch zu sich nach Hause holen. Natürlich ist das ein Mittel, dem Gefühl allgemeiner Isolation entgegenzuwirken. Ich hoffe, dabei aber voraussetzen zu können, dass die in meinem Hause üblichen Vorsichtsmaßnahmen weiterhin beachtet werden.

Wie beurteilen Sie die vom Landkreis eingeführte Testverordnung?

Seit Anfang Dezember vergangenen Jahres musste die Testverordnung des Landkreises umgesetzt werden, das heißt, alle Besucherinnen und Besucher müssen vor Betreten der Einrichtung getestet werden. Diese durchaus sinnvolle Maßnahme ist allerdings erneut nur mit erheblichen Mehrarbeitsstunden und zusätzlichem Personal für Testung, Hol- und Bringdienste zu leisten. Konkret bedeutet das für das AWO-Sozialzentrum, dass an Besuchstagen insgesamt fünf zusätzliche Mitarbeiter*innen nötig sind, und zwar für Registrierung und kurzes Screening, für die Durchführung des Schnelltests, für den Koordinationsdienst sowie für Lüftung und Desinfektion der Bewohnerzimmer. Durch die Testung hat sich die Zahl der monatlichen Besucher, die üblicherweise bei 800 liegt, mittlerweile reduziert. Seit kurzem unterstützt die Bundeswehr den Pflegedienst bei den Abstrichen für den Schnelltest, worüber wir verständlicherweise sehr erfreut sind.

Wie bewerten Sie die allgemeine Akzeptanz der Hygiene- und Testungsmaßnahmen und der damit verbundenen Einschränkungen? 

Dass manche Angehörige erst von unseren konzeptionellen Vorgaben zum Schutz der Heimbewohner überzeugt werden mussten, habe ich bereits eingangs dargelegt. Aber auch die Öffnung der Einrichtung für Therapeuten und externe Dienstleister gestaltete sich unter Corona-Bedingungen nicht immer reibungslos. Neben der Sicherstellung des Hygienekonzeptes und dem Vorhalten von Schutzkleidung hat es häufiger Diskussionen aufgrund fehlender Einsicht und mangelndem Verständnis durch externe Anbieter gegeben. Umso mehr habe ich mich über die kürzliche Rückmeldung eines Therapeuten gefreut: „Im Nachhinein muss ich sagen, dass die von Ihnen geforderten und durchgeführten Hygienemaßnahmen der richtige Weg war.“ Sowohl bei externen Mitarbeitern als auch bei Besuchern scheint mir die Akzeptanz für die seit Dezember ergriffenen Maßnahmen, als die Lage im Landkreis mit rund 400 Inzidenzen äußerst angespannt war und es in mehreren Altenheimen im Bezirk Limburg-Weilburg zu heftigen Infektionsgeschehen gekommen war, merklich gestiegen. Dennoch: Auch nach erfolgter Zweitimpfung unserer Senioren dürfen wir nicht leichtsinnig werden, die Rückkehr zum vertrauten Heimalltag wird noch lange dauern.

Wir leben in einer Zeit großer Ungewissheit. Wie ist momentan die allgemeine Stimmung bei den Heimbewohnern und dem Team der Mitarbeiter*innen?

Natürlich ist es schwer, stellvertretend für meine Heimbewohner*innen und Mitarbeiter*innen diese Frage zu beantworten. Jede/r erlebt die Pandemie auf der Grundlage seiner besonderen Persönlichkeit und Lebenserfahrung.  Eine Erkenntnis haben wir aber alle gemeinsam: Die bereits zwölfmonatige Zeit der Angespanntheit und Ungewissheit ließ sich nur mit Toleranz, Respekt, Wertschätzung und gegenseitiger Rücksichtnahme bewältigen. Das hat uns alle ein wenig stärker gemacht. Gleichwohl halten sich Erschöpfung und Erleichterung ob der erfolgten Impfmaßnahme in etwa die Waage.

Welche Wünsche haben Sie für das Jahr 2021?

Erst wenn gewohnte Dinge vom Verschwinden bedroht oder ganz verloren sind, macht man sich deren Wert bewusst. Ich würde am liebsten die Zeit zurückdrehen und zur sogenannten Normalität der Vor-Corona-Zeit zurückkehren: als Besucher und ehrenamtlich Tätige ein und aus gehen durften, als das Gebell der Malteser-Begleithunde das Heim mit Leben erfüllte oder als unser Sommerfest unbeschwert von allen genossen werden konnte. Wenn wir uns in diesem Jahr wieder ein wenig diesen Verhältnissen annäherten, wäre ich sehr dankbar.

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