Der Beschluss der hessischen Regierungsparteien CDU und Grüne, nicht wie geplant das bereits vollständig eingerichtete lokale Impfzentrum Limburg am 19. Januar 2021 in Betrieb zu nehmen, sorgt auch bei den heimischen Genossinnen und Genossen für Empörung. „Dies zeigt klar die Prioritätensetzung der Landesregierung. Boomende Ballungsgebiete mit hohen Einwohner- und Stimmzahlen werden favorisiert, während der strukturschwache ländliche Raum einmal mehr sträflich vernachlässigt wird, sogar im Gesundheitsbereich“, meint Renate Kreis, Spitzenkandidatin der SPD Hadamar für die am 14. März anstehende Kommunalwahl.
Eine spontane Telefonaktion der SPD Hadamar belegt, dass die meisten der über 80-jährigen Genossinnen und Genossen sich von der Landesregierung im Stich gelassen fühlen. Alfred Schmitt (83) aus Niederzeuzheim, der für sich und seine Gattin (80) vor wenigen Tagen die Einladung zur Impfung am zentralen Standort Wiesbaden erhielt, kann seinen Ärger nur schwer unterdrücken. „Ich fahre da nicht hin. Die verantwortlichen Politiker tun nach außen, als ob alles super laufen würde, haben aber keine Vorstellung davon, wie es ist, wenn gesundheitlich angeschlagene Menschen eine solche Strecke bewältigen müssen. Das ist nicht zumutbar!“ Er erhofft sich die umgehende Inbetriebnahme des lokalen Limburger Impfstandorts, um ohne Belastung seines berufstätigen Sohnes die notwendigen medizinischen Maßnahmen seine Frau und sich eigenständig in Angriff zu nehmen. „Die Fahrt nach Limburg würde ich sofort machen.“ Andere Betroffene anerkennen durchaus die logistischen Herausforderungen bei Vergabe und Anwendung des Impfstoffes. Sie stellen aber heraus, dass sie die selbständige Fahrt nach Wiesbaden angesichts der unbekannten lokalen Gegebenheiten des zentralen Impfzentrums und seiner vermutlich exorbitanten Dimension nicht unternehmen würden. Es bleibt allein die vage Hoffnung auf den schnellstmöglichen Einsatz mobiler Impfteams vor Ort.
Solche spontanen Meinungsäußerungen vor Ort demonstrieren, dass im fernen Wiesbaden die Nöte und Sorgen der Bevölkerung im ländlichen Raum noch nicht angekommen sind. „Hessische Regierungspolitiker sind atemberaubend schnell darin, vermeintliche Erfolgsmeldung in allen Medien breitzutreten, sie agieren aber meist ohne nachhaltige Strategie, wie wir nun an den Impfzentren sehen können. Das Impfzentrum des Landkreises Limburg-Weilburg ist vollständig ausgestattet und einsatzbereit. Anfänglich wenig Impfstoff zur Verfügung zu haben, darf nicht dazu führen, dass Menschen im ländlichen Raum in der Verteilung, durch die schwere Zugänglichkeit, benachteiligt werden“, stellt Ortsvereinsvorsitzender Sven Glombitza fest. Eine Nachfrage beim örtlichen SPD Landtagsabgeordneten Tobias Eckert bestätigt diesen Eindruck. „Die Impfzentren in Hessen müssen gemeinsam und einheitlich in Betrieb gehen. Was in Rheinland-Pfalz funktioniert, muss auch in Hessen möglich sein. Leider fehlt es hier offensichtlich aber am politischen Willen der Mehrheit aus CDU und Grünen.“
Bleibt zu hoffen, dass die hiesigen kommunalpolitischen Repräsentanten der hessischen Regierungsparteien, die CDU Hadamar sowie die mit hohem moralischen Anspruch neu auf der politischen Bühne erschienenen Grünen, ebenso gut mit der landespolitischen Führungsebene vernetzt sind wie die SPD Hadamar. So könnten auch sie ihren Einfluss zugunsten des ländlichen Raums allgemein und insbesondere den Hadamars geltend machen, gerade wenn es – im buchstäblichen Sinne – um lebenserhaltende Entscheidungen geht.